Finnische Sauna (2)
Ein finnischer Sommer | Zu viert mit Tandem und Radanhänger im Land der tausend Seen
► Finnische Sauna (2)
Sauna - Made in Finnland | Jedes Land hat seinen eigenen Geruch. Denke ich an Nepal rieche ich die dünne Bergluft, die Rododendronblüten und den frisch gekochten Reis. Finnlands Geruch ist der Duft nach Sauna, nach erhitztem Holz, aber auch nach Seen und dunklem Wasser. Und ich denke, diesen sinnlichen Genuss lieben die Finnen so an ihrem Land. So gibt es nicht nur viele Seen, sondern auch mindestens so viele Saunen. Kein Wohn- oder Geschäftshaus ist ohne. In Helsinki habe ich, während einer früheren Reise, mich auf einer Disco gewundert, warum manche nur mit Handtuch bekleidet waren. Ich sah vor die Tür, wo gemütlich in einem Armeezelt eine Sauna eingerichtet wurde. In der Sauna sind wir zur Welt gekommen, so die mystischen Erzählungen, und dort bekommen wir auch unsere letzte Waschung.
Nun, zu Beginn dieser Reise kommen wir mit der Sauna nicht wirklich in Kontakt. Wir riechen nur das Birkenholzfeuer und sehen die kleinen skandinavisch roten Hütten mit Steg zum See. Bis zu diesen einen Abend, an dem wir keinen Schlafplatz finden. Die Wälder sind morastig, unser Trinkwasser alle und die Mädels geben sich alle Mühe, ob des aufkommenden Hungers nicht zu knurren. So sind wir froh, als endlich ein Haus auftaucht. Ich frage die Frau, ob wir hier nebenan unser Zelt aufstellen dürfen. "Warum ein Zelt aufbauen, ihr könnt doch in der kleinen Hütte am See schlafen. Daneben ist auch unsere Sauna. Die heizen wir jeden Abend an. Ihr könnt sie gerne benutzen." Geht ihr jeden Abend in die Sauna, fragen wir? "Ja, warum denn nicht." antwortet sie etwas verwirrt über die komische Frage der Deutschen. Im Laufe unserer Tour wird uns bewusst: Es geht den Finnen nicht ums Abhärten, um den Gesundheitsaspekt beim Saunieren. Es ist eher ein Ritual, ein sinnliches Erleben, ein Eintauchen, ein Reinigen des Geistes. Dies drückt für mich die (noch) tiefe Verbundenheit zu ihrer rauen Natur aus.
Spät am Abend, haben wir die Saunahütte ganz für uns. Es ist eine uralte Rauchsauna, bei der es keinen Schornstein gibt. Während der Anheizzeit zieht der Rauch durch die Ritzen und die Fensterluke ab. Ist das Feuer aus und der Rauch verschwunden, geht man hinein. This is the real darkroom - denke ich und setze mich auf die angerußte Bank. Ich fühle mich wie in Abrahams Schoß angesichts des komplett schwarzen und warmen kleinen Raumes. "Macht ordentlich viel Wasser auf die Steine, damit es heiß wird." ist uns noch von unserer Gastgeberin mitgegeben worden, was wir jetzt auch tuen. Der See im mitternächtlichen Dämmerlicht kühlt uns wieder ab. Ein sinnliches Erlebnis - Made in Finnland.
Von schmalen Föhren, Edelsteinen und Rentieren | Heute legen wir einen Zugtag ein, machen einen Sprung auf der Landkarte und finden uns in Rovaniemi in Lappland wieder. Es ist die Stadt, die nach der Zerstörung der Nazis, vom bekannten Architekten Alvar Aalto geprägt wurde. Sie erhielt den Grundriss eines Rentieres und es wurde für diese Zeit revolutionär gebaut. Es wurde die Hauptstadt Lapplands.
Hier am Polarkreis soll auch der Weihnachtsmann wohnen, doch den besuchen wir zu Smillas Motivation erst am Ende unserer Lapplandrunde. Selma, unserem jüngsten Abenteurer ist das relativ egal. Sie ist eine Frohnatur, lacht mit der Sonne um die Wette und lebt ganz ungeniert in den Tag hinein. Sie entdeckt ihre eigene Welt, lernt laufen (+Zelt ausräumen) und entwickelt an der frischen Luft riesigen Hunger. Auch Smilla verputzt deutlich mehr als zuhause. Da wir jetzt in dünn besiedelten Gebiet fahren, müssen wir demzufolge Berge an zu Essen in die Packtaschen laden.
Wir folgen den Kemijoki (Kemifluss) durch subpolare Wälder mit schmalen Föhren und Birken. Begeistert baut Smilla während jeder Pause mit den silbrigen Stöcken und den Edelsteinen, die sie findet. Heimlich verschwinden immer wieder Steine, ihre große Leidenschaft, im Hänger oder den Taschen, wo sie keiner findet. Erst zuhause, als wir alle Taschen leeren, treten gut 2 kg Schmuggelsteine zutage.
An diesem heutigen Abend haben wir den besten (Schlaf) Platz während der ganzen Reise gefunden. Ein Adlernest über den angestauten Fluss, einsam in der Wildnis gelegen. Wir schwimmen im eisigen Wasser, machen Feuer und horchen dem Heulen des Windes nach. Smilla findet hier ihre besten Steine, die sie auf einer Bank nach Größe sortiert und uns stolz präsentiert.
Am nächsten Tag vorne auf dem Doppel(t)fahrrad macht sie eine spannende Entdeckung. Rentiere! Da, ja da, schau nur! Sie grasen auf den Waldwiesen und lassen sich durch uns Radfahrer kaum erschrecken. Auf den leeren Strassen im hohen Norden haben wir immer wieder Glück einen kapitalen Hirsch zu sehen. Es sind stolze Tiere, die die Lebensgrundlage vieler Saami noch immer sind. Ja selbst der Weihnachtsmann spannt sie ja vor seinen Schlitten.
Wir sind nun gut 120 km nördlich des Polarkreises, haben bereits Mitte August und der Herbst sendet seine ersten Boten nach Lappland. Als ich an einem der herrlichen Ort des Nachts gegen 3.00 Uhr, es ist wegen eines dringenden Bedürfnisses, mich aus meinem Zelt schäle, bestaune ich den aufsteigenden Nebel über dem See und den tiefblauen Polarhimmel. Doch es ist beißend kalt, das Thermometer am Fahrrad zeigt -2°C an. Im Zelt schlummern meine 3 Mädels.