Sonnenzauber (2)
Marokko | Mit Smilla (3 Jahre) durch hohe Berge und weite Wüste
► Sonnenzauber (2)
Kalter Nordwind Die Wüste hat auch Smilla in ihren Bann gezogen und sie trauert diesen großen Sandkasten hinterher, als wir sie wieder verlassen. Aber Marokko ist voller Perlen, ich meine Orte, die einen auf die Reise in vergangene Zeiten mitnehmen. So einen Zauber finden wir in den Bergen von Tizi-n-Tichka, wo sich auf gut 1800 m Höhe, mitten im Hohen Atlas der Ort Teluet befindet. Es ist mittlerweile ein kalter Nordwind aufgezogen, der wild und staubig über die weitläufige Landschaft fegt. Auf der Suche nach der Kasbah (Wohn- bzw. Lehmburg) El-Glaouis kommen wir an einer Schule vorbei. Die Kindergesichter leuchten in der untergehenden Abendsonne dieses entlegenen Bergdorfes. Es sind nur Jungs, die jetzt frei haben und vor ihren kleinen Internatsgebäude, was die Größe eines Einfamilienhauses hat, umher toben und mir neugierig die Fotokamera entleihen. Wir sehen jetzt auch diese Kasbah, die vom "Löwen des Atlas", Madani Glaoui, bis 1955 bewohnt wurde. Es war der Herrscher vom südlichen Teil Marokkos, der zum Pascha von Marrakesh erklärt wurde und hier seine Residenz hatte. Heute verfällt diese Trutzburg aus Lehm langsam und jeder Regen lässt sie einer Kleckerburg ähnlicher sehen. Über steile Treppen und enge halb eingestürzte Gänge kommen wir an eine reich verzierte Tür. Was verbirgt sich dahinter? Smilla ruft mir laut ins Ohr: "Hier wohnt der Prinz!" Ehrfürchtig betreten wir einen wohlgestalteten Raum, reich verziert mit Ornamenten vom Boden bis zur Decke. Ein Luftzug öffnet den Fensterladen und lässt leise das Sonnenlicht durch den Raum strömen. Ausser uns hat sich keiner hierher verirrt und gebannt schauen wir uns um. Wibke erzählt Smilla die Geschichte ihres Prinzen, wie er gegessen hat, wie hier getanzt und gesungen wurde. Prompt stimmt der Muezzin des nahen Dorfes sein Allah -Agbaaaah an, was uns alle zusammenzucken lässt und nun für Smilla die Geschichte zur Wirklichkeit wird. Es werden edle Speisen aufgetragen, eine in Schleier gehüllte Frau spielt Zither und Diener schenken Wein in die Gläser. Smilla bekommt von ihren Prinzen einen Handkuss und schaut verschämt zu uns herüber. Mit Untergang der Sonne verschwindet der Zauber wieder.
2 Freunde aus Leipzig Am nächsten Morgen überqueren wir das Atlasgebirge bei Schneetreiben. Der Bus fährt die Passstraße in Schritttempo herunter und hat Gott sei Dank mehr Angst als wir. Im ersten Dorf, trinken wir einen wärmenden Tee und essen Suppe, um wieder Betriebstemperatur zu erreichen.
Marrakesh empfängt uns mit Dauerregen. Durchgenässt treffen wir auf Frank und Juli, 2 Freunden aus Leipzig, mit denen wir fortan reisen werden. Smilla, jetzt mittlerweile sicher im Umgang mit Turban tragenden Männern, erzählt den beiden ohne Punkt und Komma die erlebten Geschichten und ein bisschen mehr.
Arabisches Hammam Vor den Dauerregen flüchten wir an die Atlantikküste zu einer Stadt namens Essaouira, was aus den Arabische übersetzt die Vollendete heißt. Die Häuser beschränken sich auf die Farben weiß und blau und alles wirkt von großer Hand geplant. Da, selbst die Pferdekutschen sind im frischen Himmelblau angestrichen und ihre Besitzer erstaunlich entspannt. Alles verschmilzt zu einen grossen Gesamtkunstwerk. Wir gehen zum Meer und sehen die Klippen und Befestigungsmauern der kleinen Stadt. Es ist ein Paradies für Maler und Surfer. Dieser Mix ist so außergewöhnliche, wie eigentlich alles was wir in Essaouira entdecken.
Heute und hier so legen wir fest, gehen wir in ein arabisches Hammam. Es ist ein islamischen Bad, dessen Wurzeln weit vor der europäischen Badekultur liegen. Wir fragen einen Einheimischen, da uns die Touristen-Hammams zu wenig authentisch sind und werden zu einen lokalen Bad geführt. In einer schmalen Gasse verschwinden Frank und ich rechts im Hauseingang, Wibke, Juli und Smilla links, Männer und Frauen getrennt.
Ich bezahle 10 Dirham (ca. 1 €), entkleide mich bis auf die Badehose und gebe meine restlichen Sachen zur Aufbewahrung über den Tresen. Der erste von 3 Räumen hat eine Holzbank links und rechts, Tonnengewölbe und ist wie alle anderen weiß gekalkt. Wir setzen uns kurz hin und tun es unseren Nachbar gleich. Das heißt, wir tun gar nichts, denn der Nachbar tut auch nichts. Durch eine niedrige Holztür gelangen wir danach in einen wärmeren Raum, der auch gleich dunstiger ist. Die Steinfläche unter unseren Füße ist spürbar warm und es sitzen die Leute entspannt auf dem Boden und übergiessen sich mit Wasser. Ein Durchgang führt zu Raum 3, der am wärmsten ist. Hier lassen wir uns nieder und tun es allen gleich. Wir waschen und reinigen uns mit Seife und spülen uns wieder und wieder mit Wasser ab. Nach einer Stunde in der riesigen Dampfsauna wird uns eine Massage angeboten. "Klar, machen wir das, sage ich zu Frank." Wir werden hart rangenommen, alle Muskeln und Sehnen werden gedehnt und Knochen wieder eingerenkt. Am Ende wird einem richtig der Kopf gewaschen und ich verstehe nun, woher die Redewendung des Kopfwaschens kommt. Diese arabische Massage war Himmel und Hölle zugleich.