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Georgien, Kaukasus - ...Riesenbärenklau (2)
Georgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel BauerGeorgien-Trekking im Kaukasus-Axel Bauer

Kaukasische Entdeckungsreise


Riesenbärenklau, Koriander und der frische Salat (2)

Berauschend Wild "Rechts oder Links?" frage ich Tobi, der genauso unwissend schaut wie ich. Die Verbindungsstrasse von Lentekhi nach Ushguli, dem höchstgelegendsten Bergdorf im weltverlorenen Swanetien ist ein recht schmaler Fahrweg. "Laut Karte geht es rechts zur russischen Grenze" antwortet er. Diese liegt zwar auf dem Hauptkamm des Kaukasus, ist aber scharf bewacht und kein Wohlfühlort für Touris. Mit unseren tonnenschweren Bergrucksäcken, in dem wir noch Ausrüstung für spätere alpine Touren haben, laufen wir mutterseelenallein inmitten berauschend wilder Natur. Einmal keine Strommasten, keine Schnellstrassen oder prestigeträchtige Staudammprojekte, die tourismusfördernd das Tal anmutig vermüllen.
Wahrer Segen Am Abend erreichen wir, beinahe fußlahm, endlich dieses Dörfchen Ushguli auf 2200 m. Es liegt ein Zauber der Vergangenheit über diesen Häusern, als hätte jemand eine Seite vom Geschichtsbuch zur Realität werden lassen. Ja träume ich denn? Auffallend sind die vielen und hohen Wehrtürme, die aus Naturstein aufgeschichtet sind. Dazu gehörig die Wohnhäuser und Stallungen aus dem selben Stein. Nach Süden hin fällt der einfachverglaste Balkon auf. Eine klassische Nutzung der Solarenergie der Wintersonne, schiesst mir analysierend durch den Kopf. Die Häuser und natürlich die prall gefüllten Gemüsegärten lassen dazwischen ein kleines Labyrinth aus Wegen übrig, die man am besten mit Gummistiefeln erkundet. Die Tiere, also Schweine, Ziegen, Kühe, Pferde und Esel, Katzen und Hunde, das liebe Federvieh und mach andere tummeln sich hier in friedlicher Eintracht. Nicht auf einem Bauernhof, nein, hier kann man sich noch glückliche Tiere anschauen. Für etwas Geld werden wir von einer Familie aufgenommen und versorgt. Da alle Selbstversorger sind, gibt es auch keinen Laden. Für uns ein wahrer Segen, denn so gut haben wir lange nicht gegessen. Das Gemüse zieht unsere "Gast-Oma" aus dem Beet und macht einen wohlschmeckenden Salat . Etwas frischer Koriander darüber gestreut, ergibt einen unverwechselbaren Geschmack. Dieser grüne Koriander ist eigentlich ein typisches Kraut der arabischen Küche aber wird auch am Südhang des Kaukasus verwendet. Nördlich der hohen Bergketten, auf der anderen Seite - zum Beispiel des Eisriesen wie den Schchara mit 5158m - , findet man auf russischem Gebiet dagegen eher den Dill im Frischkostsalat. Beides ein Hochgenuss in der beispielhaft gesunden Ernährung der kaukasischen Bergbewohner. Apropos Genuss: Viele Quellen in und um den Kaukasus sprudeln mit Mineralwasser. Dieses pur oder als Bier gebraut machen Lust auf mehr. Unser Aufenthalt kommt mir, wie eine Kur für Körper und Geist, vor. Wir trainieren Bergläufe in der Höhe, baden in Gletscherflüssen und essen pure Natur.
Giftig Im Sommer finden einige Rucksacktouristen nach Swanetien, dessen Zentrum Mestia ist. Hierher führt auch eine fast durchgängig geteerte und im Sommer gut befahrbare Strasse. Die Stimmung in Mestia ist eine andere, eher eine Westernfilmstimmung. Die Straße ist staubig, hier und da sind Pferde vor dem Saloon angebunden. Man hört das Einschlagen von Sparrennägeln ins Gebälk. Goldgräberstimmung überall. In den Läden gibt es viel Süßes und auch erste Souveniers. Es riecht ganz klar nach mehr Tourismus. So schnell wie wir kamen, gehen wir auch wieder in die Bergwelt und zu den Ursprüngen. Über Berge und Pässe wandern wir nach Mazeri in ein Seitental. Der Weg verliert sich schnell und wir laufen querfeldein. Dabei sind die Flussquerungen und der dort heimische und sich pudelwohl fühlende Riesenbärenklau unsere Hauptherausforderungen. "Giftig!" spukt es mir durch den Kopf und nur mit akrobatischen Verrenkungen umgehen wir die ersten Bärenklau"felder". Doch wir entkommen ihm nicht wirklich und einige Berührungen sind unvermeidbar. Die fototoxisch wirkende Pflanze hinterlässt ihre Spuren. Am nächsten Tag finden wir einige Blasen auf der Haut, Anzeichen von Verbrennungen, die nur langsam heilen.
Als wir mit den großen Rucksäcken müde ins Dorf kommen, werden wir wieder von einem Mütterchen in den Garten gerufen. Eine Horde Kinder tanzen im Rhythmus der georgischen Popmusik aus dem Radio. Auf der großen Terrasse vor dem Haus essen derweil die Erwachsenen und rufen uns zu sich. Wir werden gut versorgt und erfahren, dass sie alle Kinder und Enkel bzw. Schwiegertöchter- und Söhne der Oma sind und hier ihren Urlaub verbringen. Auch sie geniessen die Ruhe des Bergtales und helfen beim Bau eines Badezimmers mit Wasserklo mit. Und wir, Tobias und ich, sitzen in Mitten des Gewusels.
Schrecklich schön Am Morgen entdecken wir bei blauem Himmel den Berg Ushba, den Schrecklichen. Er ist wohl das Matterhorn Georgiens und unheimlich faszinierend mit seinen 2 Gipfeln und den steilen Wänden. Mit Turnschuhen und Minirucksack laufen wir zu seinem Gletscher hinauf. Der Schreckliche versteckt sein Gesicht leider in den Wolken. Eine Besteigung steht für uns momentan nicht auf der Agenda, schon eher eine Dusche unter dem Wasserfall, direkt nach dem Gletscher. Mehr Erfrischung geht nicht!
Denken wir zurück, wird uns klar, durch wie viele Zufälle und gute Geister diese Reise wieder gelenkt wird. Planen? Fehlanzeige! Wir spüren und sind uns einig, dass wir diese intensive Art des Entdeckens nur haben, wenn wir nicht alles absichern und vieles einfach laufen lassen. Oder wie man es im nur wenige hundert Kilometer entfernten Zweistromland sagen würde: Inschalah!

Ob wir uns auf der anstehenden 5000 er Besteigung auch entspannen können, was für Tücken uns erwarten, erfahrt ihr im nächsten Teil.
Herzliche Reisegrüsse von Tobias und Axel (Verfasser)

 

➜ zum 3. Teil

➜___ Ushba, der Schreckliche | Kaukasus, Georgien | © Axel Bauer___✖

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