Nordthailand-Laos Mit dem Fahrrad zu den Ufern des Mekong (1)
Eine andere Zeit - Dschungel und Berge in Nordthailand und Laos
► Mit dem Fahrrad zu den Ufern des Mekong (1)
Nachtzug nach Bangkok Ich atme den Duft des frisch gewaschenen Kissenbezuges, spüre die Vibration der antreibenden Diesellok. Der Waggon schaukelt hin und her, die Schienen liegen nicht mehr ganz so gerade. Meine Augen sind offen, ich sehe einen Film vor mir ablaufen. Es ist mein eigener Film der letzten 3 Wochen in Südostasien. Ich liege im Bett des Nachtzuges nach Bangkok.
Ein paar Wochen zuvor: Ein Anruf von Frank aus Leipzig: "Wollen wir was zusammen machen?" Ja! Mit Fahrrad über die Berge, antworte ich. Warum wir jetzt, 2 Wochen später in Chiang Mai, einer Stadt in Nordthailand, gelandet sind, kann ich nicht genau sagen. Wir haben eine Reise vor uns und die Entscheidungen im Vorfeld dazu fallen nicht immer rational, sie kommen aus dem Bauch. Und sie führen uns zum Abenteuer.
Kulturschock Chiang Mai ist das Tor zu den Bergen im Norden Thailands. Hier kommen wir bei Dell unter, den wir über die Internetplattform für Radreisende warmshowers.org angeschrieben haben. Was für einen Tempel sollen wir uns anschauen, frage ich Dell, "Oh man, there are thousends". In Thailand ist der Buddhismus vorherrschend und es gibt tatsächlich überall prächtige Tempel, wovon einer schöner und reicher verziert ist als der andere. 15 km von der Stadt entfernt liegt der bekannteste Chiang Mai`s der Wat Phra That Doi Suthep, ganz oben auf dem Berg. Das ist unser Ziel, also auf gehts! Wir sehen es als eine erste Gelegenheit die Beine zu fordern und sich in den thailändischen Verkehr zu akklimatisieren. Golden glänzend liegt die Pagode mit ihrer in den Himmel zeigenden Spitze vor uns. Viele Menschen sind hier oben auf den Beinen, beten, fotografieren Drachenköpfe, vergoldete Elefanten oder stehen wir wir einfach mit offenem Mund da. Nachdem sich die Sonne eilig verabschiedet hat, sammeln sich die Mönche, welche in orangerote Tücher gehüllt sind, zum Rezitieren der heiligen Schriften. Ich erlebe gerade, frisch aus den fast winterlichen Thüringer Wald kommend, eine Art Kulturschock.
Wie die Frisöre Auf unseren Rädern kurven wir durch frisch gepflanzte Reisfelder Richtung Norden. Jeder hat 2 Packtaschen, wo eigentlich nicht viel mehr drin ist als Schlafsack, Pass und 2. T-Shirt. Oft im Leben schleppt man zu viel Ballast mit sich rum. Jetzt ganz anders, denn wir reisen "wie die Frisöre an." In dieser Leichtigkeit liegt viel Glück. Ja und nicht nur das, praktisch ist es auch. Ziemlich unerwartet wird die Straße immer steiler. Eine kurze Rampe? Nein, ein Berg! Bei 22 % Steigung fangen selbst auf Teer die Reifen an durchzudrehen. "Frank, japse ich oben, stell dir das mit einem vollbeladenen Fahrrad-Kinderanhänger im Schlepptau vor." Frank wird in einigen Monaten Vater. Ihm läuft auch so der Schweiss, als hätte er gerade unter der Dusche gestanden.
Auf unserer "nicht ganz so genauen" Karte macht die Hauptstraße für unseren Geschmack zu viele Umwege, sodass wir auf die nicht eingezeichneten Wege umsteigen und uns einfach durchfragen. Es ist also nicht immer so klar wo wir sind. Um uns ist Dschungel, undurchdringlich, grün in allen Facetten, Vögel schreien. In Nordthailand gibt es Tiger, Schlangen und Bären, fällt mir in diesem Moment ein. Doch man muss realistisch sein, denn es sind eher die Menschen die den Tierbestand bedrohen, nicht umgekehrt.
So schauen und staunen wir, über die Welt um uns, die steilen und vielen Anstiege und die rasanten Abfahrten. Als wir wieder die Hauptstrasse erreichen ist der Zauber erloschen.
Opium An der Grenze zu Myanmar und Laos liegt das "Goldene Dreieck", was in der Vergangenheit durch den Opiumhandel bekannt wurde. Für Reisende wie uns, ist dies von geringer Bedeutung, denn Spuren davon sind nicht zu finden. Schlafmohnanbau und Weiterverarbeitung wird nicht vor den Augen der Öffentlichkeit praktiziert. Was speziell Frank viel mehr in Rage bringt ist das Erreichen des Mekong. "Stell dir vor wir sind am Mekong, ich kann es gar nicht glauben." Auf der anderen Seite ist schon Laos. Wir sind in Chiang Saen, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im nördlichsten Zipfel Thailands. Eine geruhsame Gemütlichkeit liegt über der Stadt, so ähnlich wie der Mekong stetig aber ohne Zeitdruck dahinfliesst. An der Uferstrasse hängen Lampions in den Bäumen, zahlreiche fahrbare Essenstände bieten chiligewürzte Köstlichkeiten an. Im Schneidersitz vor einem niedrigen Tisch machen es sich die Gäste am Ufer bequem. In romantischen orange-rosa Tönen geht die Sonne unter. Ein Bild höchster Zufriedenheit brennt sich bei mir ein.
Visa für Laos Noch vor dem eigentlichen Aufstehen sitzen wir am nächsten Tag wieder auf dem Rad und steuern im Nebel die Grenze zu Laos an. Wir haben gehört, das heute 11 Uhr ab dem Ort Huay Xai ein Langboot startet, welches 2 Tage später in der Weltkulturerbestadt Luang Prabang ankommen soll.
Laut Karte könnten wir es mit viel Glück schaffen. Nach 30 km bekommen wir Hunger und halten an einem Essenstand an. Es gibt scharfe Fischsuppe mit Nudeln. Ja es ist für uns Europäer ungewohnt 3 mal am Tag herzhaft zu essen, keine Brötchen, kein Honig. Dafür bekommen wir Stäbchen und ein Glas Wasser, um die brennende Schärfe immer wieder zu neutralisieren.
Wieder geht es durch grüne und faszinierende Landschaften. Um noch rechtzeitig anzukommen, machen wir zwischendurch "Anhalter", überqueren die "Brücke der Freundschaft" per Bus, besorgen Visa und Einreisestempel und sind mit einem Male in der sozialistischen "Lao People's Democratic Republic", wie es offiziell heißt.
Mit einer Stunde Verspätung kommen wir abgekämpft an die Anlegestelle, kaufen ein Ticket, verzurren die Räder auf dem Dach und das hölzerne Langboot legt ab. Ungläubig schauen wir beide uns an und wundern uns, wie sich heute alles gefügt hat.
Wie wir den Mekong erleben, was es mit Luang Prabang auf sich hat (und überhaupt) könnt ihr im 2. Teil lesen.