Norwegen - Ruf des Nordens (3)
Norwegen | Klettern, Paddeln und friluftsliv in Skandinavien
► Klettern inmitten von Heidelbeeren (3)
2 Täler zum Klettern "Machts gut", rufen wir und winken unseren beiden heimfahrenden Freunden zu. Nach der schönen und spannenden gemeinsamen Zeit, stehen wir nun alleine im weiten Norwegen. Was nun?
Nicht weit weg liegt das Nissedal am See Nisser und westlich davon der Fyresvatn im gleichnamigen Fyresdal. Meininger Kletterfreunde haben sich hier ausgetobt und mit einigen Routen verewigt. Ganz klar, wir gehen auf Spurensuche!
"Die billigste Fähre der Welt" sagt uns lachend der Fährmann, nachdem er uns 8€ für eine steinwurfbreite Passage abnimmt und uns auf die andere Seeseite des Nisser bringt. Schnell kommt hier das Gefühl von "ganz weit weg von dieser Welt" auf. Es ist ein durchaus wohliges Gefühl, muss ich sagen. Und so verbringen wir die nächsten Tage genau in diesem archaischen Rhythmus - am Morgen im See baden und waschen - tagsüber die Felsen hoch steigen - abends auf dem Feuer kochen - nachts in der Wildnis unter freiem Himmel schlafen. Die Tage haben keine Zeit, so scheint es.
Ja, irgendwann gehen uns die Lebensmittel aus und wir ziehen weiter, kaufen ein und tauchen ein in die Welt des Fyresdal. Langgezogen ist es und rechts und links der Straße bauen sich Felsriegel auf. Am Fuße wachsen die Heidelbeeren zu Millionen. Dazwischen liegen die kleine Hütten der Norweger an einem der Seen. Nichts scheint ihnen wichtiger zu sein, als diese Rückzugsorte. Im Winter sind sie da, um den Schneestürmen zu trotzen, es ist urgemütlich am Kamin und meist ist es bester Ausgangspunkt zum Langlaufen. Im Sommer verbringen sie die langen Tage am Wasser, baden um Mitternacht und angeln im Nieselregen. Wie deutlich wird hier die norwegische Sehnsucht nach der Klarheit der Natur.
Genau hier, inmitten von Heidelbeeren und schwer zu finden liegt die gelbe Wand, etwa 25 bis 30 m hoch. Verlockend heimatliche Namen haben Thomas und sein Vater Erich Hocke aus Meinigen den Kletterrouten gegeben. Der "Altensteiner Windbeutelausstieg", "Linsensuppe" oder "Nudeln mit Soße" sind wohl Relikte von großem Hunger beim Klettern, weitab Omas Kochtöpfe. Aus unserer Sicht ist Erich Hocke mit "Kaiserschmarren" ein Meisterstück gelungen, eine Route im Siebener Bereich mit allen was einem Schweiß auf die Stirn treibt.
Der majestätische Berg Wieder einmal ist es der Regen am kommenden Tag, der uns weiter ziehen läßt. Und Regen läßt sich im Auto bei guter Musik doch leichter ertragen, oder?
Im südlichen Norwegen liegt die größte Hochebene Europas, die Hardangervidda. An dessen südlichem Rand liegt der Ort Rjukan, der tief eingeschnitten zwischen den Bergen im Winterhalbjahr keine Sonne abbekommt. Majestätisch erhebt sich über den Ort der Gaustatoppen, liebevoll Gausta genannt und mit 1883 m höchster Berg Telemarks.
Am nächsten Morgen dampft die Vegetation noch vor Feuchtigkeit, aber es gibt jetzt Sonne und endlich klare Sicht auf den beeindruckenden Gausta. Der Plan ist schnell gefasst, die Mädels wandern ab 1000 m (ü.N.N.) Höhe zum Gipfel, ich selbst laufe vom Ort eine Route durch den Wald, um sie später oben zu treffen. Die ersten Stunden, über steile und glitschig nasse Aufstiege, über moorige Wege in lichten Birkenwäldern bis dann zu den typischen Schotterhängen des Berges bin ich vollkommen alleine. Ich geniesse die Sicht in die Weiten der Landschaft ohne Strassen und Häuser. Bis, ja bis ich auf den Weg vom Wanderparkplatz stoße. Hier bewegt sich einer nach dem anderen in Richtung Gipfel. Es ist Sonntag und eine bewegungsaffine Masse an Outdoorsportlern kämpft sich den langen und beschwerlichen Aufstieg zum Gipfel. In Deutschland könnte nur ein Bundesligaspiel so viele Menschen magnetisch anziehen. Am Gipfel treffe ich meine Mädels wieder und wir staunen zusammen über die wahrscheinlich beste Aussicht des Nordens. Der Gausta überragt alle Gipfel seiner Umgebung und schaute selbst während der Eiszeit aus dem Weiß heraus.
Ein toller Hecht Der Berg ist unser nördlichster Punkt der Reise und langsam treten wir den Heimweg an. Mit Wehmut verlassen wir unser wildes Norwegen Richtung Süden und steuern in Schweden die Wahlheimat von Mike Dubravski aus ehemals Floh-Seligenthal an. Dort machen in einem Ferienhaus Wibke`s Eltern, sowie Onkel und Tante Urlaub. Mike`s neues Zuhause liegt idyllisch am See, am Stora Le, besser einem ganzen Seengebiet, was zu Europas besten Kanurevieren zählt. Auch wir lassen unser Boot ins Wasser und versuchen unser Anglerglück, jedoch vorerst ohne Erfolg. Bis zum diesem Abend. Mit einem Motorboot fahren wir (Wibke, ihr Vater und Onkel und ich) in die Abendstimmung auf den weiten See. Ich werfe die letztens erworbene Angel aus und ärgere mich, das der Haken sich schon wieder irgendwo verhangen hat. Doch plötzlich bewegt sich die verhakte Schnur in eine Richtung. Was ist jetzt los? 4 Augenpaare fixieren jetzt die sich biegende Angel. Was für ein Seeungeheuer wird sich dahinter verbergen. Ja, es ist mein erster Fisch am Haken. Der Hecht, dem wir herausziehen geht mir bis zum Hüftknochen und macht am nächsten Abend 10 Leute satt. Vielen Dank, mein Lieber!
Skandinavien hat uns im Sommer gewärmt aber auch triefend nass stehen lassen. Ein Gebiet zum Staunen, aber doch eher zum selbst aktiv werden. Mit vielen Bildern im Kopf fahren wir über die Grenze nach Deutschland zurück.